Ein ganz normaler Donnerstag

  • Hi M5-Gemeinde.


    Wie einige vielleicht wissen, fahre ich neben dem M5 noch einen Super Seven (Caterham). Mit diesem war ich letzten Donnerstag auf dem Hockenheimring und durfte bei meinem Freund, dem "Totengräber" ein paar Runden mitfahren.


    Aber lest selbst:


    Ein ganz normaler Donnerstag...


    Das Wetter ist super und es verspricht auch die nächsten Tage noch trocken und sonnig zu bleiben. Das freut nicht nur den Pfälzer Weinbauern sondern auch den Sevenfahrer und lockt ihn mal wieder zum Hockenheimring. Es werden die allgemein bekannten Seven-Foren im Internet nach Gleichgesinnten abgesucht. Und siehe da unser rennsüchtiger Totengräber* lässt wieder keine Chance aus, seinen Trainingsvorsprung für die Manias zu erweitern. Allerdings nicht mit Seven sondern mit seinem Dönertaxi. Schnell geantwortet und sehnsüchtig auf den Donnerstag gewartet.


    (* Totengräber = auch genannt Tuffi ist Caterham-Fahrer bei den Manias „ http://www.seven-mania.de/ „ der fast jede Woche auf dem Hocki fährt. Zu Trainingszwecken immer mit einem alten BMW 325i mit „nur“ 170 PS – Als Ringkenner ist er absolute Spitze!)


    Der Donnerstag ist da und wie immer geht der Tag viel zu langsam um, aber dann wird es doch wieder 17:00 Uhr und es sind noch 20 Seven-Minuten bis zum Hocki. Nichts wie raus aus der Firma und dem Sonnenuntergang entgegen. Blödsinnigerweise haben scheinbar alle Kollegen dasselbe ansinnen. Stau auf der AB! Auf der B9 wird dann versucht die Zeit wieder gut zumachen. Freudig werden die ersten Zeichen für die Hocki zur Kenntnis genommen, wie die verschiedenen Anzeigen für die kommenden Motorsportwochenenden. Doch diesmal scheint eine Großveranstaltung in Hockenheim zu sein. Stau im Ort. So ein Blödsinn am Donnerstag Abend. Doch je weiter man im Stau kommt, desto mehr beschleicht mich das Gefühl die wollen alle zum Ring. Nach 15 Minuten „Stop and Go“ kommt dann auch der Ring in sichtweite – und tatsächlich die wollen alle zum Hocki. Mittlerweile ist es schon fast 18:00 Uhr. Als die Tribünen erreicht werden, den Seven erst mal schnell abgestellt und geschaut wie es aussieht.


    Die Tribünen sind gut gefüllt, wie auch das Fahrerlager. Sachskurve ist voll mit Zuschauern –ja ist denn schon DTM? Die Boxengasse ist halb voll mit Motorrädern – na ja wenn es wieder so viele sind ist eh bald Schluss. Mal telefonieren ob der Totengräber schon da ist: „Macht riesen Spaß, seh zu dass du rein kommst, fahre gerade durch die Sachskurve. Und wenn du drin bist besorg noch mal vier Tickets.“ Äh, war telefonieren während dem Fahren nicht verboten? Aber bei RTL sieht man ja auch immer, dass die mit den DTM-Fahrern telefonieren. Also nicht ungewöhnliches. Noch mal von der Tribüne auf die Zufahrt geschaut – immer noch Stau und kaum Bewegung. Naja schau ich mir erstmal die Mopeds an. Von der Strecke kommen so ca. 60 Autos (das geht ja noch) und die Mopeds legen los. Bei 140 Motorrädern höre ich auf zu zählen, zumal nach drei Runden mal wieder abgebrochen wird. Rote Flagge, Krankenwagen, Motorradtransporter und Pistendienst; halt das übliche Programm bei den Motorrädern. Mittlerweile füllt sich die Boxengasse mit Autos. Als mehr wie 60 sind das bestimmt schon. Rückruf vom Totengräber: „Kannst du mir mal Tickets holen stehe gerade im Stau. Will noch ein bisschen fahren.“ Antwort: „Komm leider nicht rein, Stau an der Boxeneinfahrt. Und außerdem ist es Wahnsinn zu fahren, die Boxengasse ist mittlerweile voll und damit sind über 100 Autos auf der Strecke.“. Rückantwort: „Es sind noch viel mehr, ich stehe in dem Stau und deswegen komme ich nicht an die Ticketbox“.


    Noch mal ein Blick auf die Boxenzufahrt – und sie bewegen sich doch. Da schau ich mir doch schnell die Autos an. Die Motorräder haben sie mittlerweile noch zweimal unterbrochen. Das Leistungsfeld ist heute ein Katastrophe, die einen fahren wie auf einer Bildersuchfahrt, nicht das sie noch auf der Zielgeraden anfangen Blumen zu pflücken und die anderen schießen wie wild gewordene Bowlingkugeln durch die „Kegel“. Bei den Autos war die Boxengasse tatsächlich leicht gefüllt. Nach dem die ersten Fahrzeuge schon auf die Zielgerade einbiegen, ist die Boxengasse noch 1/3 mit Autos gefüllt, die sich zielstrebig in den Verkehr einreihen. Gilt hier auch die F1-Regel mit weißen Strich und wie schafft man es dann, dass 20 – 30 Fahrzeuge eine Boxendurchfahrtsstrafe absolvieren müssen.


    Zurück in den Seven, ab in den kleinen Stau. Noch mal fünf Minuten gebraucht um in das Fahrerlager zu kommen. Innen tobt das Chaos. Die Boxen sind alle für die Ferrari-Challenge belegt. Der gesamte Vorplatz ist mit Autos voll. Für die nächste Autofahrt steht man schon in dreier Reihen vor dem Tor; direkt hinter den Motorrädern; die Autos fahren gerade. Und wie immer gelten die Ringregeln – keine Rennfahrzeuge, keine roten Nummern. Eiligst werden an wirklich gut gemachte Renner rote Nummern geschraubt und sie in die Schlange gestellt. Ich hol mir erst mal Tickets und schlendere mal so an den Fahrzeugen entlang. Da sind die üblichen Verdächtigen: ein Lambo, zwei Corvettes, drei Ferrari, mehrere AMG-Mercedes, aufgebretzelte Dönertaxis, Elisen, die Polo-Corsa-Puma-Mini-GTI-Fraktion, die schnellen Oldies mit ihren C-Kadetts, Capris, Alpina, Turbo- und Carrera-Porsche, die neue wilden mit Mini S und Cooper, Audi RS, M-BMWs und die hardcore driver mit vollkommen ausgeräumten und teilweise rot Beschilderten GT3, GT2, M3-BMWs, der 3er mit der halben Carbonkarosserie (vermutlich ein 4l-8Zylinder), Evos und Imprezzas im Rallytrimm mit Name und Blutgruppe an der Tür und der liebe Rest an Familienkutschen mit den Herren und den grauen Schläfen, aber Lederhandschuhe und die unverbesserliche Jugend mit dem ersten fahrbaren Untersatz, nicht schnell aber voll mit hübschen Mädels.


    Da stellt sich natürlich die Frage aller Fragen: Da rein mit dem Tretauto? Langsam um den Ring trödeln und den Abend genießen? Oder den Underdog machen und als lebende Pistolenkugel durch das Feld fräsen? Sich beim Überholen die schönen 19 Felgen der Semi-Renner auf Augenhöhe anschauen und sich dann doch Fragen: Mann bin ich bescheuert.


    Zwei Abschleppwagen, die in Zeitlupe an mir vorbeiziehen mit einem schönen Porsche und einem M-BMW bestärken dann meinen inneren Schweinehund und der Seven wird brav auf dem Parkplatz abgestellt. Ich schnappe mir meinen Helm, meine Tickets und mache mich auf den Weg den Totengräber zu finden.


    Ich treffe ihn breit grinsend, als er vom Ring abfährt: „Das mach heute richtig Spaß. Es kommen nur die Besten durch. Super dass du schon Tickets hast, steig ein, es geht nach den Motorrädern gleich weiter. Und so schlimm ist es auch nicht, es ist zwar viel los, aber es waren weniger als eine Hand schneller als ich. Mann muss jede Gelegenheit nutzen um zu üben.“


    So stehe ich gleich wieder in des Totengräbers Dönertaxi zwischen den beschrieben Verdächtigen in der Boxengasse. Meinen Feigling habe ich damit befriedigt, dass ich zumindest die Tour bezahlt habe. Diesmal wurde die Motorradfahrt nur zweimal unterbrochen und dann dürfen wir auch endlich auf den Ring. Mit dem zählen ist es diesmal schwierig, aber die Boxengasse war bis hinten hin voll, was gut für 100 Autos sein dürfte.


    Und dann geht es auch schon los. Raus aus der Box, sehr zivilisiert und auf der geraden vor der Parabolika, zieht es sich schön auseinander. Aber was ist denn das, wo kommen die denn alle her, warum parken die vor der Parabolika. Der Totengräber bleibt unbeeindruckt auf dem Gas und überholt rechts. Da sind doch nur noch Curbs und es geht dich nur rechtwinklig um die Ecke. Einmal voller Sechspunkt-Gurt-Druck, quietschende Reifen, Curb-Rubbeln und schon sind wir auf der Parabolika. 4, 5, 6-ter Gang, viele Blinker gesehen geht auf die Spitzkehre. Boa eih, schwarz, breit flach, aber ein bremsendes Hindernis, der schwarze Lambo. Wieder viel zu viele bremsende Autos. Flugs rechts neben den Lambo und etwas langsamer angebremst um kurz diesen Gänsehautsound beim Runterschalten des 12-Zylinders zu hören. Wieder voll über die Curbs innen in der Spitzkehre und leider den Lambo für immer aus dem Blickfeld verloren. Drei Fahrzeuge nebeneinander auf dem Weg zur Mercedestribüne. Alle mit Helm, Käfig und viel zu schnell. Keine Zeit zum Denken, denn da vorne kommt die Rechtsabzweigung zur Mercedestribüne und wir sind innen und die wollen alle um die Ecke. Schei... der Trottel außen macht zu. Aber der Hocki hat viel Platz, tolle Curbs und ich einen unerschrockenen Fahrer. Während die anderen nach innen ziehen und anbremsen, bleibt der Totengräber auf dem Gas, donnert volles Rohr über die Curbs, schneidet den anderen dann den Weg ab, in dem er sich danach voll nach außen tragen lässt. Jetzt tummelt sich der Rest rechts und kämpft mit der Masse beim Anbremsen vor der Mercedestribüne. Und wir sind schon wieder innen, aber jetzt links und die bremsen alle schon wieder und ziehen nach innen. Endlich auch wir bremsen mal, aber richtig. Der BMW schein sich in den Asphalt zu graben, wir sind doch wieder vor allen, um die Ecke geht es trotz Curbs leicht quer.


    Jetzt sollte man sich bei dem folgenden S entspannen können und auf die Sachskurve freuen. Aber man gibt es hier einen Haufen Wanderdünen. Lässig wuseln wir uns mit einem Gegen-S durch das S um mal wieder auf der Zufahrt zum Motodrom voll über die Curbs zu donnern. Und dann kommt das Highlight, die Einfahrt in das Motodrom. Vor uns ein C-Kadett, der mir schon wegen seiner guten Straßenlage die ganze Zeit vor uns aufgefallen ist. Von unten blinken ein neue Edelstahlauspuffanlage und ein KW-Gewindefahrwerk und innen sieht man einen Rennsitz mit 6-Punktgurten und einen Käfig. Nichts wie dahinter, dem kann man folgen und sauber durch das Motodrom fahren. Kurz angebremst und rechts in die Mobil 1 Kurve in das Motodrom. Mist, der bleibt ja viel zu lang auf der Bremse, Kennzeichen wird riesengroß und die TÜV-Plakette lautet 8/08 bevor sie nach unten verschwindet und ich die riefen im Kofferraumdeckelschloss studieren kann. Wieder lob ich mir die Curbs, rechts vorbei und den Kadett stehen gelassen. Und jetzt kommt schon wieder so ein Parkplatz. Vor lauter Respekt vor der Sachskurve sammeln sich die Fahrzeuge beim Gruppenanbremsen in zwei Reihen. Jetzt muss aber auch mal bremsen. Ne, das ist links eine kleine Rücke, voll rein und ..... man wir sind doch schon halb in der Sachkurve innen auf den Curbs und jetzt fängt er an zu bremsen. Der BMW fängt jämmerlich an zu quietschen und hat erhebliche Schwierigkeiten der Spur zu folgen. Wer hat jetzt das entsetztere Gesicht, der ältere Herr Millimeter neben mir in der Sachs Kurve oder ich weil ich meine wir fegen den gleich mit dem Heck aus der Sachskurve. Leicht schwänzelnd wird innen überholt. Vor uns jetzt die SWR 3 Kurve und eine Menge Autos die sich verwinden um wieder auf die Zielgerade zu kommen. Was fährt er denn hier für eine komische Linie? Na jeden falls hier ist Platz und die anderen sind alle irgendwie außen. Aber huch, wir sind auf der Einfahrt der Zielgeraden innen und an allen vorbei. Respekt, das war cool.


    Nach zwei drei Runden treffen sich so langsam ein paar Gleichgesinnte. Um uns rum tummeln sich ein paar Evos und Imprezzas. Aber ich fahre ja mit dem Totengräber. Und der lässt das Gas stehen, nutzt die Curbs voll als Fahrbahn und vom nicht zu dichten Auffahren hat er noch nie etwas gehört. Halber Tacho wurde immer unterschritten, und das will was heißen bei einem BMW-Tacho der mindestens 8 cm im Durchmesser ist.


    Und dann ist es doch passiert. Wir haben auf der Zielgeraden geparkt. Oder nicht, jedenfalls zieht ein „Cup-Porsche“ an uns vorbei. Sofort dahinter geklemmt mit dem Kommentar: „Der kann in den Kurven sie wieso nicht bremsen“. In die Nordkurve fahren wir hintereinander volles Rohr. Dicht an dicht und ich meinte die heißen Auspuffgase zu spüren. Und da war wieder die Physik, der schwere Porsche rutscht nach außen und wird durch die Curbs gebremst. Die Chance neben ihn zu kommen. Auf der Zufahrt auf die Parabolikakurve mussten wir uns wegen einer Wanderdüne dann noch mal trennen, einer rechts einer links, den in der Mitte fallen lassen. Bei der Zufahrt in die Parabolika hatte der Porsche leicht die bessere Linie und dann auf der Parabolika hat er irgendwo sackmässig Leistung gefunden. Leider haben wir den auch nicht mehr gesehen.


    Und dann schlich sich doch ein Panzer an, ein weißer CLK 65 AMG; Mann ist der dick Mann. Jetzt wurde es aber ernst. Denn hier hatten sich jetzt zwei gefunden. Es dauert lang bis ich Gurte nachziehe oder überprüfe ob alles richtig sitzt, aber jetzt war der Zeitpunkt gekommen.
    Halber Tacho und trödeln war vorhin, jetzt wird nur noch nach vorne geschaut Millimeterarbeit geleistet. Gar nicht so einfach, wenn ein Dickschiff um einen herumfährt. Aber wie war das mit Obelix, es lag nur an den Streifen und das Auto hatte keine. Drei volle Runden im Schweinsgalopp durch die Masse, Millimeterweise den AMG davor oder dahinter, über alle Curbs und durch alle zunächst nicht vorhanden Lücken.


    Kann man einen Fahnen schwenkenden Mann lieben? Ich sage ja. Mann war ich froh als das zu Ende war. Nicht das ich Angst gehabt hätte, aber meine innere Hemmschwelle liegt wohl noch ziemlich niedrig und mit dem Seven hätte ich mich das sowieso nicht getraut. Ich finde es gut, dass mein Caterham noch schneller ist als ich, dann bin ich halt ein Weichei. Es hat riesigen Spaß gemacht und ein herzliches Dankeschön an den Totengräber. Ich bin schon öfters mit ihm gefahren, auch schon mit dem Seven, aber ab heute habe ich richtig Respekt vor ihm.


    Und da sagt man für 12 Euro kriegt man heute nichts mehr.


    :loool:


    PS: Ach ja, von den vielen beschriebenen Verdächtigen waren tatsächlich nur fünf Autos schneller.



    Gruß


    Heiko

    "Beim Beschleunigen müssen die Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfließen" (Walter Röhrl)

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