habe hier einen guten Text zu Chiptuning.
Quelle Automobil Revue CH.
.. interessant ist: dass die versicherung auf regress zurückgreifen kann im falle eines unfalles..
ZitatAlles anzeigenEgal ob mit Benzin oder Diesel als Treibstoff, heutige Motoren mit Zwangsbeatmung via Abgasturbolader oder mechanisch angetriebenem Kompressor sind nicht nur leistungsfähig, sondern in ihrer Kraftentfaltung meist sehr kultiviert.
Da die Hersteller - auch auf Grund der Garantieleistungen, die sie erbringen müssen - die Motoren meist nicht ausreizen, öffnet sich ein weites Tummelfeld für Tuner. Im Gegensatz zum konventionellen Tuning (sprich anderen Nockenwellen, Luftfilter usw.) sind beim Chiptuning meist keine Änderungen an den mechanischen Bauteilen nötig; ein Eingriff in die Steuerelektronik des Motors genügt in den meisten Fällen.
Komplexe Aufgaben
Das Steuergerät regelt sämtliche motorrelevanten Abläufe. Zum Beispiel Zünd- und Einspritzzeitpunkt(e), die Menge des in den Brennraum eingespritzten Treibstoffs sowie zahllose andere Parameter. Die Verarbeitung der eingehenden Daten (Drosselklappenstellung, Aussentemperatur usw.) erfolgt über mittlerweile sehr schnelle Chips. Aus diesen Daten wird der Betriebszustand des Motors eruiert und entsprechende Befehle ausgegeben (z. B. beim Erreichen der Klopfgrenze).
Lade- und Einspritzdruck
Verändert man die vom Hersteller abgelegten Grenzwerte im Chip, kann daraus eine Mehrleistung resultieren. Bei Benzinmotoren wird zum Beispiel das File abgeändert, in welchem der max. zulässige Ladedruck hinterlegt wurde. Durch die Erhöhung des Ladedrucks werden die Leistung und das Drehmoment erhöht. Mit dieser Massnahme allein ist es aber nicht getan. Auch alle anderen relevanten Files müssen entsprechend angepasst werden, sonst drohen Abstriche bei der Laufkultur, beim Leerlaufverhalten usw.
Bei Dieselaggregaten kann neben dem Erhöhen des Ladedrucks auch die Anhebung des Drucks im Einspritzsystem (Common-Rail- oder Pumpe-Düse-System) zu einer Mehrleistung führen. Wichtig ist auch hier, dass alle wichtigen Funktionen den neuen Gegebenheiten angepasst werden.
Genau hier liegt ein grosser Teil der Kosten versteckt. Wer für jedes Fahrzeug - mit Hilfe eines Motorenprüfstands - sorgfältig angepasste Files anbietet, hat einen immensen Aufwand, der bezahlt werden will. Zudem entwickeln die Fahrzeughersteller oft neue Softwareversionen, die im Verlaufe der Wartung aufs Kundenauto übertragen werden. Die Tuner müssen also stets am Ball bleiben.
Schritt für Schritt
So viel zum Thema Software. Wie funktioniert ein Chiptuning aber im Einzelnen? Welche Eingriffe sind nötig, und wie kompliziert ist das Ganze? Wir konnten uns bei Adrian Stucki von Bilsport in Thun ein Chiptuning Schritt für Schritt ansehen.
Nach einer ausgiebigen Probefahrt (zur Funktionskontrolle des angelieferten Autos) wird das Motorsteuergerät aus dem Wagen entfernt. Dazu sind sehr oft auch Spezialwerkzeuge nötig. Wer also das Steuergerät entfernen will, um es «seinem» Tuner zu bringen, sollte äusserste Vorsicht walten lassen - oder sich das entsprechende Werkzeug besorgen.
Garantie futsch
Bereits beim zweiten Schritt - beim Öffnen des Steuergeräts - geht die Herstellergarantie flöten. In fast allen Garantiebestimmungen steht, dass Veränderungen an der Elektronik oder das Öffnen bestimmter Bauteile automatisch zum Erlöschen der Garantie auf Motor und Getriebe - bei einigen Herstellern sogar für das gesamte Fahrzeug - führt.
Ist das Steuergerät offen, gilt es, die zentrale Rechnereinheit zu lokalisieren und zu entfernen. Beim Auslöten des Chips ist höchste Präzision und Sauberkeit angezeigt. Die empfindlichen «Füsschen» dürfen keinesfalls beschädigt werden, zudem muss das Lötzinn restlos entfernt werden, da die Daten sonst nicht ausgelesen werden können.
Internet sei Dank
Damit ist die manuelle Bearbeitung vorerst abgeschlossen. Nun wird der Chip ins Lesegerät gesteckt und mittels eines speziellen Computerprogramms die gespeicherten Daten abgelesen und gespeichert, um bei Problemen wieder den Originalzustand herstellen zu können. Stucki liest die Daten dreimal aus, und nur wenn die Anzeige der übertragenen Datenmenge jedes Mal die gleiche Summe anzeigt, wird eines der Files dem eigentlichen Chiptuner - in diesem Fall an SCT (Scandinavian Car Tuning) online übermittelt. Dank Internet und E-Mail ist die Übermittlung von Daten, Software, Updates usw. in Sekunden erledigt. Beim Bilsport-Haustuner in Schweden werden die aus Thun gelieferten Daten analysiert und angepasst, anschliessend treten die Files wieder die Reise in die Schweiz an.
Mit Kopierschutz
Nun wird erneut der Lötkolben geschwungen. Zuerst wird ein Kopierschutz auf die Stelle gelötet, wo sich vorher der Chip befand. Der via Computer neu beschriebene Chip kommt anschliessend auf diesen Kopierschutz (schützt den Chip vor dem Überschreiben durch Software-Updates des Herstellers), das Steuergerät wird verschraubt und anschliessend wieder montiert.
Zusatzsteuergerät
Andere Tuner haben sich gegen das Löten entschieden. Von Carlsson (Mercedes-Spezialist) kommt zum Beispiel für Dieselmotoren ein Zusatzsteuergerät (C-Tronic III) zum Einsatz. Dieses Bauteil verändert die Daten, welche vom Originalsteuergerät abgegeben werden. Vorteil gegenüber dem Löten: Software-Updates des Autoherstellers - zum Beispiel im Rahmen der Inspektion oder einer Panne - können problemlos auf das Originalsteuergerät übertragen werden - dies ist beim kopiergeschützten, eingelöteten Chip nicht möglich.
Via Kabel ins Glück
Eine weitere Variante ist das Überspielen der modifizierten Files von einem Laptop direkt ins Steuergerät. Via Diagnosestecker werden die bearbeiteten Parameter ans Auto übertragen. Werden bei einem Service die Files durch ein Service-Update des Herstellers überschrieben, kann mit geringem Aufwand (und wesentlich geringeren Kosten als beim Grundtuning, also dem erstmaligen Transferieren der Daten ins Steuergerät) wieder die Software zur Leistungssteigerung übertragen werden. Nachteil gegenüber der gelöteten Variante: Im Extrem-fall muss nach jedem Service die Software des Tuners neu geladen werden. Dies bedingt jeweils einen Besuch beim Tuner und entsprechende, wenn auch meist geringere Kosten als «beim ersten Mal». Vorteil: Bei einer Panne/Wartung kann die neuste Herstellersoftware übernommen werden.
Legal, illegal oder ganz egal
Wer die Motorleistung seines Fahrzeugs erhöhen lässt, begibt sich oftmals in die Illegalität. Wir zeigen auf, wie man diesem Umstand vorbeugen kann.
Grundsätzlich ist es nicht erlaubt, die abgasrelevanten Bauteile eines Fahrzeugs zu verändern. Dazu gehört auch das Motorsteuergerät. Punkt. Schluss! Das bedeutet nichts anderes, als dass Chiptuning ohne entsprechende Prüfung und Eintragung in die Fahrzeugpapiere illegal ist.
Legalität ist teuer
Natürlich kann eine Leistungssteigerung auch «legalisiert» werden - allerdings verbunden mit beachtlichen Kosten. Im Kanton Zürich zum Beispiel sind folgende Dokumente für eine Eintragung von bis zu 20 % Mehrleistung dem Strassenverkehrsamt vorzulegen:
- Bestätigung einer Markenvertretung über den Motorinhalt (Hubraum/Motor-ID) und Normleistung.
- Leistungs-Messprotokoll einer vom Kanton anerkannten Prüfstelle.
- Nachweis über die Einhaltung der Abgasvorschriften entweder durch eine schriftliche Bestätigung durch den Inhaber der Typengenehmigung (meist der Importeur) oder durch Messung durch die EMPA Dübendorf oder das Abgasprüflabor der HTA Biel.
- Nachweis der Einhaltung der Geräuschvorschriften. Die Messung muss bei einer anerkannten Prüfstelle erfolgen.
- Liegt die Leistungssteigerung über 20 %, muss gar eine Unbedenklichkeitserklärung des Herstellers vorgelegt werden. Kann man diese nicht erbringen, muss der Tuner das Fahrzeug - zum Beispiel beim Dynamic Test Center in Vauffelin - umfangreichen und sehr teuren Tests unterziehen.
Tuner nicht in der Pflicht
Der Tuner kann sich viel Ärger mit den Kunden ersparen, wenn er auf die Prüf- und Meldepflicht hinweist. In letzter Konsequenz ist aber der Halter des Fahrzeugs dafür verantwortlich, das Fahrzeug legal in Verkehr zu setzen, also die Prüfung durchführen zu lassen.
Wo kein Kläger ist …
… ist auch kein Richter. Natürlich ist es für die Behörden (ob Prüfstelle oder Polizei) schwierig, zu eruieren, ob ein Wagen über ein Chiptuning verfügt. Wird aber zum Beispiel ein Fahrzeug nach einem Unfall genauer untersucht, kann es im Falle einer Aufdeckung des Chiptunings zu Regressforderungen von Versicherungen kommen. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt die Änderungen eintragen und schliesst zudem eine Garantieversicherung ab, welche durch den Umbau nicht mehr gedeckte Garantieansprüche wiederherstellt.